Seit Dezember 2020 ist das Gesetz zur Stärkung fairen Wettbewerbs in Kraft. Das sogenannte Anti-Abmahngesetz ist jedoch im Detail in manchen Punkten nicht eindeutig.

Das Landgericht Dortmund hat nun an einer Stelle für Klärung gesorgt. Gebühren erheben trotz einer Vorschrift, die eben dies untersagt: Ob dies möglich ist oder nicht, wurde vor Gericht geklärt.


Was war geschehen?

Im konkreten Fall befasste sich das LG Dortmund mit einem Online-Händler, dem die Verletzung seiner Informationspflichten zur Last gelegt wurde.

So fehlten auf seiner Seite Pflichtangaben im Impressum sowie der vorgeschriebene OS-Link zur Plattform. Auch die Widerrufsbelehrung war auf der Seite nicht verfügbar. Eine Abmahnung war die Folge - und die Geltendmachung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 1500 Euro durch einen Mitbewerber. Diese Kosten wollte der Online-Händler nicht zahlen und berief sich auf das kürzlich in Kraft getretene Gesetz. 

Demzufolge dürfen Rechtsanwaltskosten nicht mehr in jedem Fall beim Abgemahnten geltend gemacht werden - entsprechend § 13 UWG. So können Aufwendungen nicht ersetzt werden, wenn Verstöße gegen die gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflicht durch Mitbewerber abgemahnt werden. Stattdessen muss der Auftraggeber den Rechtsanwalt zahlen. Auch darf für Verstöße dieser Art nur dann eine Vertragsstrafe festgesetzt werden, wenn es sich um eine wiederholte Abmahnung handelt und wenn im Unternehmen des Abgemahnten mehr als 100 Mitarbeitende arbeiten.


Was hat das Gericht entschieden?

Das Landgericht sah im vorliegenden Fall die Forderung selbst als rechtswidrig an und geht noch darüber hinaus: Es sei sogar ein Rechtsmissbrauch anzunehmen. Gemäß § 8c ist dies beispielsweise dann der Fall, wenn der Gegenstandswert unangemessen hoch angesetzt ist. Gilt ein solches Indiz bereits als Rechtsmissbrauch, folgert das Gericht, müsse dies erst recht gelten, wenn für eine per Gesetz „kostenlose“ Abmahnung eine Gebühr verlangt würde. Unverändert bleibt jedoch die Pflicht zur Abgabe einer Unterlassungserklärung.

Darüber hinaus befand das Landgericht, dass die festgestellten Verstöße mit moderner Technik leicht zu ermitteln sind - und genau diejenigen sind, die das neue Gesetz mit dem § 13 verhindern soll. Der Antragsteller forderte eine strafbewehrte Vertragsstrafe, eben jene, die gemäß § 13a Abs. 2 UWG n.F. i.V.m. § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F nicht festgesetzt werden darf. Eine Vertragsstrafe darf im konkreten Fall des Online-Händlers nicht vereinbart werden, weil er weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. 


Was bedeutet das für die Praxis?

Für die Praxis ergibt sich aus der Verhandlung und dem daraus folgenden Urteil: Wer als Händler eine solche Abmahnung erhält, sollte sie keinesfalls ignorieren. Auch dann, wenn davon auszugehen ist, dass die geltend gemachten Gebühren nicht gezahlt werden müssen, empfiehlt es sich, die genannten Fristen einzuhalten. Selbst dann, wenn sich die Abmahnung als unbegründet herausstellt, sollte man es nicht „darauf ankommen lassen“ und ein Gerichtsverfahren provozieren. Damit muss rechnen, wer Fristen unbeantwortet verstreichen lässt. Selbst im Falle eines unbegründeten Schreibens kann dieses Verfahren dann den Abgemahnten teures Geld kosten.

Nach der recht kurzen Zeit, die das Anti-Abmahngesetz nun in Kraft ist, gibt es nach wie vor Unsicherheit in Bezug auf den Umgang mit den rechtlichen Folgen. Online-Händler sind gut beraten, sich im Fall der Fälle umfassend zu informieren und nicht darauf zu hoffen, dass Abwarten und Ignorieren das Problem von alleine lösen können. 


Ihr Team von rechtswal